Paula, die Leseratte

Es war einmal eine Leseratte, die hieß Paula, und die trug eine große Brille mit dicken, krummen Gläsern. Die Gläser wa­ren so dick, dass es aussah, als hätte Paula winzige Augen. Natürlich hatte sie keine kleinen Augen, sie sahen nur durch die Brillengläser so aus. Aber Paula war nicht eitel, und da machte es ihr nichts aus. Allerdings konnte Paula nur sehr schlecht sehen. Ohne Brille sah sie überhaupt nichts, und mit Brille sah sie zwar ein bisschen, doch immer noch sehr wenig. Und das ist für eine Leseratte schlecht, denn zum Lesen braucht man gute Augen. Paula sah so wenig, und das Lesen war für sie so anstrengend, dass sie an jedem Tag nur einen Buchstaben las. Wenn sie ein neu­es Wort begann, dann las sie am ersten Tag den ersten Buchstaben, am zweiten Tag den zweiten Buchstaben, und so weiter, Tag für Tag. Und wenn das Wort zu Ende war, dann machte Paula einen Tag Pause und ruhte sich aus.

Eines Tages fand Paula ein neues Wort in einem Buch, und sie sagte sich: „Dieses schöne Wort werde ich jetzt lesen. Es hat fünf Buchstaben. Das ist nicht zu wenig und nicht zuviel. Heute ist Montag. Wenn ich jetzt anfange, dann bin ich am Freitag fertig.“

P

Und gleich machte sich Paula an die Arbeit. Sie setzte sich die dicke Brille auf, rückte ganz nah an das Buch heran und begann zu lesen. Und am Nachmittag wusste Paula, wie der erste Buchstabe hieß. „P“, sagte Paula. Dann dachte sie sich Wörter aus, die mit P anfingen. „Post“, sagte Paula. „Purzel­baum, Pastor und Papagei.“ Und sie wackelte vor Freude mit ihrem Ratten­schwanz. „Panama!“ rief sie. „Popel und Pirat! So schöne Wörter gibt es mit P!“

Dann legte sich Paula ins Bett. Sie freute sich schon sehr auf den zweiten Buchstaben, und die ganze Nacht träumte sie Wörter mit P.

A

Am zweiten Tag las Paula den zweiten Buchstaben. Es dauerte eine Weile, doch dann hatte sie es heraus. „A“ las Paula.

„So ein schöner Buchstabe“, freute sich Paula und suchte gleich nach Wörtern, die mit A beginnen. „Anfang!“ rief Paula. „Anker, Affe, Ananas!“

U

Am dritten Tag las Paula den dritten Buchstaben. Natürlich brauchte sie einige Zeit, doch dann sagte sie: „U“.

Sie wackelte kräftig mit ihrem Schwanz vor Freude, denn ihr fielen ein paar wunderschöne Wörter mit „U“ ein. „U-Bahn“, sagte Paula. „Ulk, Umschlag, Uhu und Ums!“ Aber da stutzte Paula. „Was ist ein Ums?“ fragte sich Paula. „Nein“, rief sie und lachte. „Ein Ums gibt es gar nicht! Aber es ist ein wunderschönes Wort mit U.“

L

Am vierten Tag las Paula den vierten Buchstaben. Sie setzte sich die dicke Brille auf, hockte sich nah vor ihr Buch, und dann las sie. Am Abend hatte sie es heraus.

„L“ sagte Paula. „Lebertran“, rief sie. „Liederbuch! Löffel, Lümmel, Lutschbonbon!“ Sie klatschte in die Hände und wedelte mit ihrem Rattenschwanz, dass er wie eine Peitsche auf den Boden knallte.

A

Am fünften Tag las Paula den fünften Buchstaben. Das ging schnell, denn den gleichen Buchstaben hatte sie vor kurzem erst gesehen. Es war ein „A“. „Auto“, sagte Paula. „Abend und Ap­fel. Das sind Wörter mit A.“

Am sechsten Tag machte Paula Pause. Da hatte sie Zeit ge­nug, die Buchstaben zusammenzusetzen. Sie buchstabierte einen nach dem anderen:

P

PA

PAU

PAUL

PAULA

Und dann hatte sie das Wort heraus. „PAULA!“ sagte sie. „So ein schönes Wort!“ Sie tanzte im Kreis und sprang Seil mit ihrem Rattenschwanz vor Freude.

„Paula!“ rief sie. „So ein wunderschönes Wort! Das bin ja ich!“ Dann sank sie erschöpft auf den Boden.

„Puh“, sagte Paula. „Das war nicht leicht. Aber die Anstrengung hat sich wirklich gelohnt!“ Und noch im Schlaf wedelte sie mit ihrem Rattenschwanz und flüsterte:
„So ein wunderwunderwunderschö­nes Wort!“

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